30 Jahre Mauerfall

Vor 30 Jahren fiel der 9. November auf einen Donnerstag und ich war – wie die anderen Berliner Medienfrauen auch – im Kreuzberger Hotel Transit. Wir empfingen die Frauen von ARD, ZDF, SRG, ORF und einzelne Kolleginnen vom DDR-Rundfunk und Fernsehen zum 12. Herbsttreffen der Frauen in den Medien.  Irgendwann sickerte auch zu uns die völlig „verrückte“ Meldung durch, dass die Mauer auf wäre. In dieser Nacht fuhr ich an der Mauer entlang – Kreuzberg lag ja schließlich an der Mauer – aber ich konnte nur einzelne Ostler identifizieren. Ansonsten war alles wie immer. Es war eigentlich auch nur der Übergang Prinzenstraße/ Heinrich-Heine-Straße offen. Meine Freundin erzählte später, dass sie sich mit einigen WestlerInnen nur ein paar Meter auf Ostterrain wagte. Man wusste ja nie, ob man nicht doch verhaftet und nach Sibirien deportiert wurde.

Am nächsten Tag war klar, dass an einen normalen Verlauf des Treffens nicht zu denken war. Die einen waren völlig übernächtigt, weil sie nachts bereits von „ihren“ Ostlern besucht worden waren, die anderen mussten arbeiten, weil die heimischen Redaktionen froh waren, eine eigene Reporterin in Berlin zu haben. Die DDR-Kolleginnen, die wir mit Ach und Krach und viel Schreiberei zu uns nach Westberlin eingeladen hatten, trafen nachts auf der Straße im Westen ihre Kinder….. Das ungläubige Erstaunen kann man sich heute nur noch mit Mühe vorstellen. Lästig war nur, dass alle 2 Millionen OstlerInnen mit ihrem Trabbi in den Westen fahren mussten. Die Straße des 17. Juni war vor lauter Trabbis überhaupt nicht mehr zu sehen. Ebenso standen die Menschen massenweise auf den Bahnsteigen U-Bahn. (Mit der S-Bahn fuhr man nicht – die gehörte dem Osten). Ich selbst warf mich erst in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag ins Grenzgetümmel. Es war klar, wenn die Mauer tatsächlich aufgeht (die Mauerspechte hackten ja schon seit dem 10. November am Beton herum) dann würde es am Brandenburger Tor sein – und da musste man dabei sein. Also stand ich auch nachts auf der Mauer am Brandenburger Tor. Zu Hause saßen derweil „meine“ Ostler und warteten auf mich.
Dazu muss man wissen, dass seit dem Sommer, seit dem die Ostler über Ungarn „ausreisen“ konnten, sämtliche Turnhallen der Stadt mit den Brüder und Schwestern aus dem Osten belegt waren – die Halbstadt war schon recht gefüllt mit Menschen. Berlin nahm ja immer schon alle auf, die es irgend woanders nicht aushielten: Palästinenser, Kurden, Vietnamesen, DDR’ler – alle hatten schon mal in unseren Sporthallen campiert. Nun also die Ostler. Allerdings konnten die mit der Grenzöffnung dann auch wieder nach Hause.