An einem wunderschönen Frühsommerabend feiert das Bayerische Staatsschauspiel die Premiere des Wirtschaftsdrama „Junk“. Zeitgenössische Stücke können funktionieren, müssen aber nicht und Themen aus der Welt des globalen Casinos sind harter Stoff. Wem also Begriffe wie Junkbonds, Leerverkäufe oder feindliche Übernahmen nicht wirklich geläufig sind, muss sich konzentrieren. Entspannte Unterhaltung am Abend sieht anders aus. Auch dieses „con brio“ des Autors hätte die Regisseurin nicht unbedingt umsetzen sollen. Etwas weniger Feuer und Tempo hätte dem Stück gut getan. Der Text ist keine Screwball-Komödie! Aber wahrscheinlich sollten wir uns auch nicht wie in der Volkshochschule fühlen. Klar wurde durch die Inszenierung, dass es keine „Guten“ gibt im Turbo-Kapitalismus. Jeder betrügt jeden, jeder hintergeht jeden, es wird erpresst, manipuliert und betrogen, dass sich die Bühnenbretter biegen. Auch die drei Frauenrollen waren durchweg üble Charaktere. Die FAZ bemängelte, dass die Tina Lanik den Text zumindest an Stellen, an denen es um Sex und Geld geht, unzulässig abgeflacht hätte. Im Original soll die Figur der Journalistin sagen, sie hätte bei der Vorstellung von dem Reichtum ihres Informanten, einen gewaltigen Orgasmus gekriegt. Lanik lässt sie dagegen sagen: der Reichtum ihres Informanten hätte sie angemacht. Ich finde auch, dass das reicht. Woher wollen Männer wissen, was bei Frauen bzw. Journalistinnen alles zu einem Orgasmus dazu gehört? Auffällig ist bei den Rezensenten sowieso, dass die Frauen nieder gemacht werden. Während in München also die Regisseurin alles falsch gemacht hat, sind es im Hamburger Schauspielhaus die drei Schauspielerinnen, die im Gegensatz zu den „grandiosen“ Männern, nicht so toll sind. Je nun.
Eines aber hat diesem Theaterereignis auf jeden Fall gefehlt: eine richtige Pause. Dann hätten alle die Gelegenheit gehabt, durch zu atmen und mit einem Getränk in der Hand den wunderschönen Frühsommerabend auf dem Max-Josephs Platz zu genießen und im Gespräch schon mal die ersten 60 Minuten zu ventilieren. Dann – da bin ich mir sicher – hätten wir alle mehr von dem verstanden, was die Junkbonds im Inneren zusammenhält. Theater dient nämlich auch Bildung und Information – oder wie bei Brecht: gesellschaftlicher Aufklärung und politischem Handeln. Brechts Theater zielte nicht, wie traditionell üblich, auf Furcht und Mitleid ab, auf die Furcht vor einem ominösen »Schicksal« und Mitleid mit den »unvermeidlichen« Opfern.