Warum nicht mal ne Frau?

Dass ein Manfred Weber nicht EU- Kommissionspräsident werden würde, war relativ klar. Er war nie Minister weder im Bund noch auf Länderebene – das sind normalerweise die Mindestvoraussetzungen um in der EU auf Kommissionseben etwas zu werden. Michaele Schreyer (Grüne) war wenigsten knapp zwei Jahre Senatorin in Berlin, trotzdem war das Geschrei groß 1999 als sie als erste und bislang einzige Grüne für die Kommission Prodi nominiert wurde. Und das als 2. deutsche Frau. In der Vorgänger Kommission unter Jaques Santer war Monika Wulf-Mathies für die SPD EU Kommissarin.

Nun also die erste Frau an der Spitze einer EU Kommission.  Und wenn in dem Personalpoker ein Mann bereit gestanden hätte, dann wäre niemand auf Frau v.d.Leyen gekommen. Da bin ich mir relativ sicher. Kaum war die Personalie bekannt, schrieben die Fraktionen ihre Wunschzettel. Die Regierungen hatten ja ihre Wünsche zu diesem Zeitpunkt schon umgesetzt: Keine Einmischung in den italienischen Haushalt, keine Einmischung in Polen und Ungarn, und Herr Babis will auch keine Kritik mehr aus Brüssel hören. Und die Fraktionen, nun sie wollen Jobs: Die Grünen waren relativ bescheiden und wollten bloß das Parlamentspräsidium mit Frau Keller besetzen. Leider konnten EVP und S&D dem alten Reflex nicht widerstehen und mussten alles untereinander auskungeln. Da fielen dann nur grüne 2 Vize-PräsidentInnen ab. Zu wenig. Es folgte das Grüne „Nein“ zu v.d.Leyen. Meine spezielle Freundin Frau Barley darf sich über eine Vizepräsidentschaft (inklusive vieler „Ja“-Stimmen) freuen. Trotzdem will sie noch mehr für ein „Ja“ der deutschen SPD’lerInnen. Die Liberalen und S&D sollen jeweils eine/einen herausgehobenen Kommissionsvize bekommen: Herr Timmermanns und Frau Vestager. Wer hätte das gedacht. Die Linken bekommen nichts – also „nein“, die Rechten haben eigentlich schon genug bekommen.
Ich bin weit davon entfernt jemals CDU gewählt zu haben, aber dieses Gequake über das Aushandeln von Personalien ist doch vor allem so laut, weil eine Frau sich anschickt Kommissionspräsidentin zu werden. Männer – allen voran Leute wie Manuel Barroso oder Herr Juncker – wurden zwar mit Grummeln im Bauch, aber dann letztlich doch gewählt.
Wie die EU die Krise bei einem Scheitern v.d.Leyens überleben will, weiß man nicht. Auf jeden Fall ist dann klar, dass die komplette EU-freundliche Rhetorik nur Sonntagsreden sind. Obwohl am Ende kann ich nur Tucholsky zitieren: „Sie dachten, sie wären an der Macht, dabei waren sie nur an der Regierung“. Denn die Lobbyisten bleiben ja schließlich in Brüssel, egal wie das Personalpaket aussieht.