Vor 50 Jahren – ab 1972 – bekamen ehemalige NS-Richter die Gelegenheit, gegen sogenannte Radikale zu Felde zu ziehen. Und das unter der Parole von Willy Brandt: mehr Demokratie wagen. Die Rechten hatten die SPD so lange vor sich her getrieben, bis sie in die alten Feind-Muster verfielen und glaubten, wenn sie „Linke“ aus dem öffentlichen Dienst fernhielten, würden sie ihre Haut retten.
Das Haberfeldtreiben ging so weit, dass auch SPD-Mitglieder nicht mehr als Hilfskräfte in Gerichten beschäftigt werden durften. Dass auch bei Putzfrauen die Regelanfrage beim Verfassungsschutz galt, kann man ja noch fast als Aufwertung dieser zutiefst weiblichen Beschäftigungsform empfinden. Putzfrauen hatten Zugang zu allen Büros – schließlich sollten sie sowohl den Dreck der – überwiegend männlichen Belegschaft wegmachen – als auch die Papierkörbe leeren….! Da war bestimmt einiges Lesenswerte drin. Ich glaube Aktenvernichter gab es vor 50 Jahren noch nicht.
Aber zurück zur alten Tante SPD, die dabei war ihre Enkel zu fressen. In meiner Familie spielte Eckard Kuhlwein eine tragenden Rolle in dieser Tragikomödie. Mein Vater hatte wirklich alle Hebel in Bewegung gesetzt. Er hatte u.a. an das Büro der Bundestagspräsidentin Annemarie Renger geschrieben und an die SPD-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag. So kam Eckhard Kuhlwein ins Spiel. Irgendwann rief dann eines nachmittags der Staatssekretär im Justizministerium bei uns an und verkündete, dass unser Familienmitglied nun doch Akten austragen durfte. Und mein Vater hätte ja nicht gleich an die Renger schreiben müssen. Nun hatten meine Eltern also doch keinen Verfassungsfeind an ihrem Busen genährt. Das war insofern nicht ganz uninteressant, weil diejenige Person auf Lehramt studierte…… Der Schock wirkte nachhaltig: man schwenkte nun nach rechts und schloss sich immer der vermeintlichen Mehrheit an! Und noch eins: die Kollegen meines Vaters wussten schon ein ganzes Jahr von dem Verdickt und nur einer von ihnen fand den Mut, kurz vor den Sommerferien meinen Vater zu informieren. Dass der dann eine deftige Sohle auf’s Parkett legen würde, war wohl den Beteiligten klar. Aber dass die alle die Klappe gehalten haben, ihrem Kollegen gegenüber – ist wohl nur damit zu erklären, dass das 3. Reich erst vor 27 Jahren in Schutt uns Asche zerfallen war, aber reichlich alte Nazis vor allem in Verfassungsschutz und Justizdienst noch ihre Kreise zogen. Und vor denen hatte sie anscheinend die Hosen voll.