Abtreibung als Lakmustest

Was passiert, wenn man religiösen Eiferern die Macht überlässt, ist in Texas zu besichtigen. Texas ist da, wo polnische Frauenhasser, deutsche oder italienische hinwollen: totale Kontrolle der weiblichen Sexualität. Noch bevor die Frauen selber wissen, dass schwanger sind, machen sie alles falsch und begeben sich in Lebensgefahr. Der Senator von Texas ist niemand Geringeres als der Evangelikale Ted Cruz. Er ist der kommende Präsidentschaftskandidat der religiösen Rechten in den USA.
Gewalt gegen Frauen nimmt dermaßen Überhand unter dem Deckmantel der Kirchen, dass es langsam Zeit wird, dagegen etwas zu unternehmen. Und es ist egal, ob Evangelikale wie in den USA oder Katholiken wie in Polen und Italien oder die Ökumene wie in Deutschland zuschlagen. Eines von vielen üblen Beispielen ist  Flensburg. Eine sozialdemokratische Oberbürgermeisterin duldet es, dass die neue Klinik, die von katholischer und evangelischer Kirche gemeinsam betrieben werden wird, sich weigern darf Abteibungen vorzunehmen – aus welchen Gründen auch immer. Die Klinik trägt zu allem Überfluss auch noch das Adjektiv „modern“ …… ausgerechnet die Kirchen schwingen sich auf – es lebe die Doppelmoral!

Die folgenden Zeilen waren im Perlentaucher zu lesen:
Zeit-Korrespondentin Rieke Havertz beschreibt das sadistische texanische Abtreibungsgesetz, das Bürger auffordert, Frauen, die abtreiben, und Ärzte zu denunzieren und dafür eine Belohnung von 10.000 Dollar einzustreichen als Höhepunkt eines amerikanischen Kulturkampfes. Im Moment sehen sich die Abtreibungsgegner durch den Supreme Court bestärkt, der durch Donald Trumps Interventionen eine konservative Mehrheit hat und gegen das texanische Gesetz nichts unternommen hat – obwohl es als verfassungsfeindlich gilt. Das texanische Gesetz ist nurn das bisher extremste Beispiel: „Laut dem Guttmacher Institute, das sich für Frauenrechte einsetzt, wurden allein in der ersten Jahreshälfte 2021 90 Neuregelungen in den Vereinigten Staaten erlassen, die Schwangerschaftsabbrüche erschweren. Mehr als in jedem anderen Jahr, seit Roe v. Wade 1973 in Kraft trat. Im gesamten Bundesstaat Mississippi etwa gibt es nur noch eine einzige Klinik, in der Frauen legal einen Eingriff vornehmen lassen können. Oft erschweren die weiten Wege und großen Einschränkungen vor allem ärmeren Frauen einen Abbruch.“

Schon jetzt gibt es Abtreibungsflüchtlinge in den Nachbarstaaten Texas‘, berichtet Melissa Jeltsen im New York Magazine: „Kliniken in Oklahoma, Louisiana, New Mexico, Colorado und Kansas werden von einer Flut von schwangeren Menschen (sic!) überschwemmt, die im Wettlauf mit der Zeit eine Behandlung benötigen. Doch in vielen dieser Bundesstaaten haben die jahrelangen Angriffe der Abtreibungsgegner die bestehende Infrastruktur im Bereich der reproduktiven Gesundheit ausgehöhlt und ein zerbrechliches System hinterlassen, das für die zusätzliche Nachfrage schlecht gerüstet ist.“

Dies Gesetz „wird eine Frau, die Angst hat, schwanger zu sein, in einen schrecklichen Zustand ängstlichen Schweigens stürzen, weil absolut jeder von ihrem Zustand profitieren kann und jeder, der ihr hilft, vom Fahrer bis zum Arzt, haftbar ist“, schreibt Rebecca Solnit im Guardian. „Es macht die Schwangerschaft zu einem Verbrechen, da es zu einer weiteren Kriminalisierung auch des beträchtlichen Prozentsatzes von Schwangerschaften führen kann, die mit einer Fehlgeburt enden. Es wird dazu führen, dass Frauen – insbesondere Frauen ohne Papiere, arme Frauen, junge Frauen, Frauen gewalttätiger Ehemänner oder Familien – durch lebensbedrohliche Schwangerschaften, illegale Abtreibungen oder Selbstmord aus Verzweiflung sterben.“