Ursel Nienhaus

Ursel Nienhaus ist eine der aktivsten Frauen der Berliner Frauenszene seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Sie ist am 17. April gestorben und die Nachrufe, die versuchen ihre Verdienste aufzuzählen, geraten ziemlich lang. Ich habe Ursel Nienhaus Ende der 70er Jahre im Berliner Frauenzentrum kennengelernt. Sie baute damals das Feministische Frauenarchiv FFBIZ auf. Revolutionär für die Zeit. Heute würde man sagen, sie sei die „Godmother of women’s archives“. Auf jeden Fall war sie immer gerne bereit zu einem Interview und so kommt sie auch in meiner Flappersendung vor. Die Sendung wurde unlängst im rbb-Kulturradio wiederholt und ist dort in der Mediathek zu hören.
Hier der Anfang meines Features über die Neue Frau:

Die Neue Frau ist ein Phänomen der Goldenen Zwanziger. Einer Zeit, in der sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland scheinbar konsolidieren. Vereinbarungen mit den Vereinigten Staaten verschaffen der Weimarer Republik frisches Geld, das nach der Wirtschaftskrise von 1923 dringend benötigt wird. Aus den USA kommen neben dem Geld, aber auch neue Produktionsmethoden. Der Arbeitsmarkt verändert sich rasant, Arbeitsprozesse werden rationalisiert, Verwaltungsarbeiten nehmen zu und die Nachfrage nach Büroangestellten wächst stetig. Die Unternehmen suchen Stenotypistinnen, Kontoristinnen, Telefonistinnen. Das ist die Chance für junge, ledige Frauen. Sie erobern jetzt das Büro, das bis dahin eine Männerdomäne war.
„Die Frauen sind einfach besser ausgebildet und sie sind anpassungsbereiter als die Männer. Und sie sind auf den Erwerb mindestens so stark angewiesen, wie die Männer.“

Die Historikerin Ursel Nienhaus hat zum Phänomen der weiblichen Angestellten bei der Post geforscht. 1925 gibt es in Deutschland 1,5 Millionen weibliche Angestellte – drei Mal so viele wie vor dem Ersten Weltkrieg. Berlin ist zu dieser Zeit „die“ Metropole in Europa. Mitte der 20iger Jahre leben hier über vier Millionen Menschen. Berlin ist damit die zweitgrößte Stadt der Welt – nach Los Angeles. In der Reichshauptstadt befinden sich die meisten Betriebe, Konzernzentralen und Verlage. Es ist eine Stadt der Bücher, Zeitungen, Zeitschriften und Filme. All diese Redaktionen, Agenturen und Geschäfte brauchen unzählige Verwaltungsangestellte. Nach Berlin zieht es nicht nur Schriftstellerinnen und Künstler, sondern auch Tausende junger Frauen auf der Suche nach einer besseren Zukunft.“
Das gesamte Manuskript gibt es in der Redaktion Zeitpunkte des rbb. 

Albanien

In Albanien geht es zu wie in allen unkontrolliert patriarchalen Landstrichen. Mit den aus Indien bekannten Folgen: Mädchen werden abgetrieben und nur die Frau, die  Jungen zur Welt bringt, gilt etwas -nicht viel aber immerhin.  Für Frauen bringen Internetzugang, Facebook und ähnliche Dinge tatsächlich Luft zum Atmen – außerdem  wird die EU demnächst mit Albanien Verhandlungen über einen Beitritt beginnen……
In den – von mir sehr geschätzten – „Gesichtern Europas“ ging es heute um die albanische Gesellschaft und ihr gestörtes Verhältnis zu Mädchen und geschlechtsreifen Frauen. Im Netz in der Mediathek des Deutschlandradios kann frau / man die Sendung hören.
Deutschlandradio, Gesichter Europas, 11.05 Uhr bis 12.00 Uhr (Sendetag, 18.4.2020)

Corona – kritisch

Dankenswerteweise mehren sich die Stimmen, denen es langsam aber sicher zu viel wird mit dem „Datenspenden“, „Handytracking“ – dem lemmingmäßigen Bejubeln des Ausverkaufs unsere Privatheit. In der Kulturzeit auf 3SAT darf sich in dieser Woche der Philosoph Markus Gabriel, seines Zeichens Professor an der Uni Bonn, äußern. Ich war angenehm überrascht, dass nicht nur Heribert Prantl der Kamm schwillt beim Hurra-Jubel zu immer mehr Überwachung. Insofern kann ich den Corona-Blog in der Kulturzeit nur empfehlen: täglich von 19.20 Uhr bis 20.00 Uhr auf 3 SAT.
Als ich bei Wikipedia mehr über diesen Philosophen erfahren wollte, musste ich beim Blick auf sein Geburtsdatum lachen: 1980 – da hab ich mein Diplom gemacht. Aber das ist nun doch auch schon 40 Jahre her.

Equal pay Day

Heute ist schon E P D – Vor 5 Jahren mussten wir Frauen noch 10 tage länger für umme arbeiten.  Erst ab dem 26. März wurden wir für unsere Arbeit bezahlt. Mit der Einführung des Mindestlohns vor 5 Jahren im Januar 2015 verringerte sich das Genderpaygap. Und das obwohl gerade in Jobs wie bei Aldi an der Kasse der Unterschied in der Bezahlung von Frauen und Männern für die gleiche Arbeit am geringsten war. Wir haben uns so daran gewöhnt, dass Frauen für die gleiche Arbeit rund 7 % weniger Geld bekommen als die männlichen  Kollegen, dass es auch niemanden mehr wundert, dass Frauen höhere Zinsen zahlen müssen als Männer. Generell gilt: überall, wo frei verhandelt wird, schneiden Frauen schlechter ab. Entweder werden sie ausgenommen oder mieser bezahlt. Davon profitieren ganze Volkswirtschafen und deshalb hält sich diese Phänomen auch so zäh. Dass Deutschland, das stolz auf seinen Niedriglohnsektor ist, inzwischen neben Estland die größten Ungerechtigkeiten aufweist, stört niemanden wirklich. Schließlich wollen wir doch alle Exportweltmeister sein und dafür müssen – das war selbst in den fünfziger Jahren so – die Arbeitnehmenden schlecht bezahlt werden. Sonst bleibt ja bei diesem Dumpingsystem nix mehr in der Tasche der UnternehmerInnen – und um deren Auskommen haben sich bislang alle Bundesregierungen immer redlich bemüht.

Ich kann da nur das Buch von Ulrike Herrmann empfehlen: Deutschland – ein Wirtschaftsmärchen. Erschienen 2019 im Westend Verlag.