Corona feminin

Heute am internationalen Tag der Pflege wird mal wieder den Pflegekräften gedankt. So weit so gut. Aber sie sind nicht allein die HeldInnen in der Coronazeit. Es gibt u.a. a. die Reinigungskräfte. Diejenigen, die die infektionsbelasteten Coronastationen reinigen, diejenigen, die die Notaufnahmen reinigen. Bei ihnen bedankt sich niemand und sie stehen oft genug ganz hinten, wenn es um die Verteilung von Schutzkleidung geht. Der Deutschlandfunk hat sich heute (12.05.2020) am Tag der Pflege dem Thema Arbeitsbedingungen in der Coronakrise: „Wenn der Job zur Gefahr wird“ gewidmet.


Das Manuskript der Sendung von Jennifer Stange ist im Netz nachzulesen und zu hören.
Die Autorin spannt den Bogen von Dumpinglöhnen bis zum niedrigen Arbeits- und Gesundheitsschutz, der vor allem ausländische Beschäftigte in prekären Beschäftigungsverhältnissen trifft. Gewerkschafter wissen, was schon immer ungesund war, werde in der Coronakrise gefährlich: „Wenn man in Sammelunterkünften lebt, das heißt Vierbettzimmer, Sechsbettzimmer, Achtbettzimmer, das heißt sehr, sehr eng zusammen ist, das heißt eine gemeinsame Dusche nutzt, gemeinsame Küche nutzt, dann ist der Abstand eigentlich nicht mehr gewährleistet. Und wenn dort einer erkrankt oder in Verdacht gerät, Corona zu haben, dann ist eine Isolation fast unmöglich.“ Und so häufen sich die Fälle von Covid-19 Infektionen vor allem in Betrieben, die auf solche Sammelunterkünfte setzen: Auf einer Baustelle des Bahnprojekts Stuttgart 21 mussten schon im April 90 Kontaktpersonen von infizierten Bauarbeitern in Wohncontainern unter Quarantäne gestellt werden. Im nordrhein-westfälischen Landkreis Coesfeld musste der Fleischproduzent Westfleisch vergangene Woche auf gerichtliche Anordnung hin schließen: Mehr als 200 Mitarbeitende waren positiv auf das Virus getestet worden.
Aber nicht nur Viren verbreiten sich so schnell und massenhaft, auch andere Keime haben leichtes Spiel wie z.B. das Hepatitis-E Virus, für eine kleine Personengruppe mit Immunschwäche, darunter Organtransplantierte, Chemopatienten oder Vorgeschädigte zur Gefahr werden kann.
Die Autorin sticht auch noch in ein weiteres Wespennest: Dort, wo ausländische Arbeitskräfte eingesetzt werden, werfen Gewerkschaften den Behörden mangelnde Kontrollen vor. Was die Gewerbeaufsicht betrifft, bestätigt das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg auf Nachfrage des Deutschlandfunks, dass Betriebe im April kaum kontrolliert wurden. Zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, so die schriftliche Begründung. In Zukunft soll sich das ändern. Die fehlenden Kontrollen werfen Fragen auf: Wird hier mit zweierlei Maß gemessen? Werden riskante Arbeitsbedingungen für Beschäftigte im Niedriglohnsektor für vertretbar gehalten, während die Aufsicht dieser Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst als kaum zumutbar gilt?

Jennifer Stange weist auch daraufhin, dass MigrantInnen häufiger in systemrelevanten Berufen mit hohem Ansteckungsrisiko arbeiten. In Jobs, die außerdem unterdurchschnittlich bezahlt sind. In Deutschland fallen in diesem Segment vor allem Geschlechterunterschiede ins Auge. Laut einer Studie des Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung liegt der Frauenanteil in systemrelevanten Berufen insgesamt bei knapp 60 Prozent.  Ein Zitat:“Für das wenige Geld, das ich kriege, muss ich mein Leben auf’s Spiel setzen und es kann sein, dass ich Viren mit nach Hause bringe, und dann ist auch meine Familie in Gefahr.“ Doch selbst unter den Reinigungskräften im Uniklinikum Essen würde eine Infektion mit dem Virus nicht alle gleichermaßen, sondern manche härter als andere treffen: Diejenigen, die direkt bei der Klinik angestellt sind bekommen für das Reinigen der Flure, Krankenzimmer, OP-Säle und der Coronastation im Uniklinikum deutlich mehr Geld als diejenigen, die bei der universitätseigenen Tochterfirma arbeiten. Für dieselbe Arbeit. Gerade in der Coronazeit sei diese Ungleichheit bei steigendem Druck unerträglich geworden. Allerdings lehne die Geschäftsleitung  eine Angleichung der Bezahlung bisher ab. Dass der Coronabonus für die Reinigungskräfte nicht vorgesehen ist, muss wohl nicht extra betont werden.
Der Deutschlandfunk hat sich heute (12.05.2020) am Tag der Pflege dem Thema Arbeitsbedingungen in der Coronakrise: „Wenn der Job zur Gefahr wird“ gewidmet. Das Manuskript der Sendung von Jennifer Stange ist im Netz nachzulesen und zu hören.