Feiertagsfeminismus

Früher habe ich den Feiertagsfeminismus auch abgelehnt – wie Alice Schwarzer es heute noch tut. Aber inzwischen habe ich ihn schätzen gelernt. In den Tagen rings um den 8.März ist doch echt was los. Es scheint kurz auf, wie es eigentlich sein könnte – das Leben. Zu keiner Zeit des Jahres gucke ich so viel fern wie um den 8.März herum. 3SAT macht ein Superprogramm: die Programmplanung holt alles aus dem Archiv, was je mit dem Stichwort „Frau“ markiert worden ist.
Selbst die „heute-show“ darf aus Frauensicht kritisiert werden. Dass es zwei Frauen in einer Führungsposition gibt, ist ja schon Anlass genug zur Häme, aber wenn man dann noch gleich die Russen da mitreinmengen kann, umso besser und als Sahnehäubchen verwandelt man die Führungsfrauen wieder in das, was mann am liebsten hat: Frauen in der Assistenzrolle. Das Männerleben kann so schön sein – nur rund um den 8.März müssen die Würstchenträger stark sein. Denn auch die Redenschreiber der Kanzlerin haben den Feiertagsfeminismus entdeckt und legen der Regierungschefin ein paar wohlfeile Worte in den Mund. Wie das wohl im nächsten Jahr bei Armin Laschet klingen mag. Dass Söder Kreide jeglicher Couleur fressen kann, hat es oft genug bewiesen. Als alte „quer“Guckerin bin ich da ja einiges gewohnt.

 

Berlinale – Porno

Die Berlinale online hat gezeigt, was sie kann. Einen tollen – ach so lustigen – Film prämiert. Dieser Film zeigt deutlich, welche Spuren die ewigen Pornofilme im Fernsehen – vor allem – bei Männern hinterlassen. Der rumänische Regisseur erzählte voller Stolz, dass er als junger Mann immer Pornos im deutschen Kanal von RTL gesehen hat und alle „Fachbegriffe“ auf deutsch kennt. Also dass, was immer beim Porno von den Darstellerinnen neben dem obligaten Stöhnen so geredet wird. Und aus diesen Jugenderinnerungen hat er einen Film gemacht, in dem eine Lehrerin (!) sich beim Geschlechtsverkehr filmt. Dieses Produkt gerät – irgendwie  – ins Internet, oder wie heute gern gesagt wird: es geht viral. Den Rest kann man sich denken. Die Frau wird zum – natürlich nicht zum positiv bewerteten – Internetstar, weil alle Pornos gucken und sie wird in der realen Welt angefeindet und – vor allem – von Männern für vo(ö)gelfrei erklärt. Toller schwarzer Humor – heißt offiziell.
Und das so kurz vorm 8.März, an dem sich immer alle fragen, warum Frauen es schwerer haben im Leben als Männer. Antwort: u.a. wegen solcher auf die Leinwand gebrachter männlicher Phantasien. Wahrscheinlich wollte der Regisseur als kleiner Junge auch immer mal mit seiner Lehrerin ins Bett – und da es nicht geklappt hat, rächt er sich eben auf seine Weise. Vielleicht ist er ja auch ein Incel – einer jener hegemonialen Männer, die zu geizig sind, um für Sex bei Sexarbeiterinnen zu bezahlen.

Frauengeschichte

Geschichte, die Frauen gemacht haben, wird gern vergessen….soll ich jetzt noch sagen – von Männern, oder ist klar wer so etwas gerne unter den Teppich der Weltgeschichte kehrt? So geschehen gerade mal wieder beim Reizthema „queer“. An die 200 Schauspielerinnen und Schauspieler haben sich vor Kurzem als LGBTQ geoutet und zwar in derselben Form wie 1971 375 Frauen im Stern „Wir haben abgetrieben“. Jetzt wagt die zuständige FAZ – Redakteurin darauf hinzuweisen, dass das Risiko, das die Frauen vor 50 Jahren eingegangen sind, als sie sich öffentlich zum Begehen einer Straftat bekannten, ein erheblich höheres ist, als das, das die SchauspielerInnen eingingen. Darüber hinaus  hat sie sich übrigens nur lobend über Sinn und Zweck der Outing-Aktion geäußert.
Aber: das reicht – vor allem den Männern – nicht, die nun zum Shitstorm rufen, und die Redakteurin zur „Queerfeindin“ erklären – nur  – s.o. – weil sie es wagte auf etwas hinzuweisen, was nur Frauen gemacht haben und das unter erheblichem persönlichen Risiko.
Mal abgesehen davon begeht der Kampf gegen den §218  gerade sein 150 jähriges Jubiläum, u.a. mit Prozessen vor dem Berliner Amtsgericht. Aktivistinnen hatten mit einer Sitzblockade sich dem sog. „Marsch für das Leben“ (ja, so was gibt es auch in Deutschland – gerne auch mit Grußworten von Annette Schavan und K.T.z.Guttenberg) in den Weg gesetzt. Sowas ist natürlich strafbar…… nicht nur im klerikal-faschistischen Polen oder in der Hochburg der bigotten Evangelikalen in den USA.

Frauen von der Rosenstraße

Am 27. Februar 1943 fand die »Fabrik-Aktion« statt, bei der Tausende Jüdinnen und Juden an ihren Zwangsarbeitsstätten verhaftet und anschließend nach Auschwitz deportiert wurden.
In Berlin waren auch viele in sogenannter Mischehe Lebende darunter, die im Sammellager in
der Rosenstraße 2–4, dem ehemaligen Wohlfahrtsamt der Jüdischen Gemeinde zu Berlin,
interniert wurden. Als ihre Angehörigen erfuhren, wo sie sich befanden, versammelten sie sich vor dem Gebäude; es waren vor allem Frauen und Kinder, die dort tagelang ausharrten – bis zur Freilassung der Festgenommenen.

Am Freitag, den 26.Februar 2021 um 10.00 Uhr findet ein „online-gedenken“ statt.
www.orte-der-Erinnerung.de/Rosenstrasse

Für die Eheschließung mit meinem Großonkel hat meine Großtante ihre jüdische Religion verlassen – dafür wurde für sie das Kaddisch gelesen – das Totengebet. Als sie 1942 durch wen auch immer mitbekam, dass sie verhaftet werden sollte, setzte sie sich nach Ostpreußen ab und wurde von der Familie versteckt. Der strammste Nazi unter den Brüdern meines Vaters verlangte ihre Auslieferung. Allerdings hat er sie selbst scheinbar nicht denunziert. Sie blieb fast ein halbes Jahr im Versteck bis sie nach Berlin zurückkehren konnte. Nach dem Krieg, in den 50er Jahren, musste sie miterleben, wie ihr Sohn unter den Demütigungen als „Halbjude“ und Behinderter zerbrach. Er war Arzt am Moabiter Krankenhaus und durch eine Verwundung im Berliner Häuserkampf im Mai 1945 gehbehindert. In der Familie wird erzählt, dass ein russischer Soldat ihm das Leben gerettet habe.