Ich lese gerne die Sonntagskolumne von Heribert Prantl. Diesen Sonntag ließ er sich über F. Merz aus und schrieb u.a.:
„Friedrich Merz macht da weiter, wo er im Jahr 2000 als damaliger Unions-Fraktionschef begonnen hat; er macht auch so weiter, wie er damals aufgehört hat. Angefangen hat er damals mit der Forderung, das Asylgrundrecht abzuschaffen; er wollte es ablösen durch eine „institutionelle Garantie“. Und aufgehört hat er damals mit den Reden von den Tabus, die es nicht geben dürfe, und von der „deutschen Leitkultur“, die Migranten in Deutschland zu beachten hätten. Wenn man die heutigen Äußerungen von Friedrich Merz zum Migrationsrecht analysiert, sollte man ein Interview lesen, das er seinerzeit, im März 2000, in seiner ersten Zeit als Unions-Fraktionschef gegeben hat. Er forderte damals dazu auf, sich in der Debatte ums Asylrecht von den Erfahrungen des Nationalsozialismus zu lösen: „Unsere Generation will sich nicht mehr derart in Haftung für unsere Vergangenheit nehmen lassen.“ So stand es damals in der Hamburger Zeitschrift Die Woche. Auch da werden ihm heute die AfDler zustimmen.
Die Lehren der vergangenen Jahrzehnte lauten: Anti-Ausländer- und Anti-Flüchtlings-Wahlkämpfe rechnen sich nicht für die demokratischen Parteien, die sie anzetteln. Es gibt da nur eine Ausnahme: Die Landtagswahlen in Hessen im Februar 1999, die von der CDU des Roland Koch mit der Agitation gegen die Doppelstaatsbürgerschaft gewonnen wurde.“
Behinderte akut bedroht
Berlin. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe ist schockiert über die Entwicklungen im Bundestag. Am 29. Januar konnte die CDU ihren 5-Punkte-Plan nur mit den Stimmen der AfD beschließen. Mit großer Sorge befürchtet die Lebenshilfe, dass nun auf höchster politischer Ebene eine Zusammenarbeit mit der AfD etabliert wird. Einer Partei, die eine vielfältige, inklusive Gesellschaft ablehnt und das Land spaltet.
„Menschen mit Behinderung machen die jüngsten Ereignisse Angst. Angesichts dieser Entwicklung fühlen sie sich immer stärker von Ausgrenzung bedroht“, betont Ulla Schmidt, Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und Bundesministerin a.D. „Es ist Aufgabe der demokratischen Parteien der Mitte, die gesellschaftliche Spaltung zu verringern und gemeinsam Lösungen für die Herausforderungen der aktuellen Zeit zu finden. Eine Zusammenarbeit mit der AfD polarisiert dagegen immer stärker, befördert die Ausgrenzung von Menschen und steht einer vielfältigen und menschlichen Gesellschaft im Weg.“
Der antifaschistische Schutzwall
Mr. Merz tear down this wall! 1987 fiel ein ähnlicher Satz. 2025, ist der künftige Kanzler auf dem Weg das nun auch tatsächlich zu tun. Oder wie Rolf Mützenich sagte: das Tor zur Hölle können wir noch gemeinsam schließen.
Was war passiert? Mr. Merz hatte – aus welchen Gründen auch immer – 2 Papiere in Sachen faktische Abschaffung des Asylrechts in den Bundestag eingebracht. Allerdings ohne Rücksprache mit den Großkopfeten der Union. Und das alles rings um den 30. Januar, an dem seit vielen Jahren an die Machtübertragung an die NSDAP erinnert wird, zwar nicht mit Fackelzügen, sondern mit Handylichtern, Laternen oder Lichterketten. Und – noch ein Gedenktag liegt in zeitlicher Nähe: das Datum, das daran erinnert, was passiert, wenn man Faschisten die Macht in die Hand drückt: am 27. Januar vor 80 Jahren wurde das KZ Ausschwitz von der Roten Armee befreit – nachgerade von den Russen! Das alles veranlasste Tausende seit dem 25. Januar 2025, in der gesamten Republik auf die Straße zu gehen.
Aber Fritze Merz ließ sich davon nicht beeindrucken. Es wäre alles auch nur halb so schlimm gewesen, wenn er nicht im November noch verkündet hätte, dass er – selbst zufällige – Mehrheiten mit der AFD ablehnt. „Mit denen da“ wie er sich gerne ausdrückt. Sein Geschwätz von gestern hielt also rund 2 Monate. Nun also erst eine mehr oder weniger bedeutungslose Entschließung als Versuchsballon am Mi, den 29.1. 25 und dann ein Gesetz am 31.1.25.
Der Sturm der Entrüstung – vor allem – innerhalb der CDU war wohl größer als gedacht. Selbst die Altkanzlerin meldete sich mit Kritik zu Wort. Ihren Einwand schmetterte der Möchtegernkanzler ab: Ihre verfehlte Flüchtlingspolitik hätte ja gerade erst zu den jetzigen unhaltbaren Zuständen geführt. Also schon recht unbelehrbar der Mann. D.h. den Schuss hatte er selbst nach der Abstimmung noch nicht gehört. Und da solche Vorfälle immer eine gewisse Zeit zum Gären brauchen, kam dann der Ausritt von M. Friedman und das zurückgegebene Bundesverdienstkreuz eines Holocaustüberlebenden dazu. Und Unmut quer durch die Fraktion. Und das nicht nur in der Union, sondern auch in der FDP. Auch dort mehrten sich die Stimmen, die nicht mit der AFD gemeinsame Sache machen wollten. Am Ende wurde der Gesetzentwurf zur faktischen Abschaffung des Rechts auf Asyl im Bundestag abgelehnt.
Februar 2025
