Türkei – da wird nicht lange diskutiert

Ich sollte 2007 in einem EU-Twinningprojekt die Leitung der Öffentlichkeitsarbeit übernehmen als „head of the unit“.  Mein Name stand in allen Vertragsentwürfen und auch in der finalen Fassung. Als die deutsche Seite  den Vertragstext auf den letzten Drücker zur Unterschrift erhielt, war mein Name überall rausgestrichen – ohne Kommentar. Nachfragen des zuständigen Ministeriums wurden nicht beantwortet. Man konnte nur spekulieren. Die türkische Seite sagte nichts und hatte auch im Verlauf der Verhandlungen nichts gesagt. So einfach ging das vor 13 Jahren und so einfach geht das heute auch noch. Wenn man sich es anders überlegt, dann auch kommentarlos – wie im Falle des ZDF Korrespondenten. Der hatte zwar angedeutet, er werde aus dem Iran über die Türkei berichten, aber das tun andere Journalisten inzwischen auch. Also bleibt nur Spekulation. Wie in meinem Fall.
Nun ich hatte einiges auf dem Kerbholz – aus türkischer Sicht: Ich hatte mit zwei Kolleginnen der DW eine Rundreise durch verschiedene türkische Frauenprojekte gemacht, wie waren in den kurdischen Provinzen bei Politikern und kurdischen Bürgermeisterinnen und wir hatten wahrscheinlich Kontakt mit Geheimdienstmitarbeitern und PKK’lern. Als wir in Diyarbakir bei der Bürgermeisterin zum Interview saßen, donnerten F16 Bomber über unsere Köpfe. Sie flogen zu irgendwelchen „Operationen“ wie es hieß. So etwas war mir als wohlbehütete Nachkriegsdeutsche noch nie passiert.
Kurz ich machte neben meiner Arbeit für die EU noch einige Recherchen und Interviews für den Hörfunk von DW und den Frauenfunk des rbb.
Damit gehörte ich zu der schon damals nicht besonders beliebten Spezies der Journalistinnen. Allgemein wurde diese Nebentätigkeit als Grund für meinen Rauswurf angesehen zumal ich ja ohne Presseakkreditierung gearbeitet hab.
Danach hab ich mich dann noch mit Themen wie dem Völkermord an den Armeniern beschäftigt. U.a. im November 2007 über den Besuch einer Anwältin, die über einen Prozess gegen den Sohn des ermordeten türkisch armenischen Journalisten Hrant Dink Arat Dinc berichtete. Es ging damals über so skurrile Dinge wie den § 301  „Beleidigung des Türkentums“. Es wollte niemand der normalen Reporter der DW berichten – also machte ich das.  Ähnlich verhielt es sich in 2009 beim Auftrag des br. Es sollte ein Feature über den Ethnozid an den Armeniern gemacht werden. Den normalen BR-Freien war die Sache zu heikel – also machte ich das. Meine Interviewpartnerinnen glaubten damals nicht, dass die Sendung wirklich laufen würde – aber sie wurde gesendet – mit großem Erfolg auch als Podcast.
Mir brachte das Projekt einige sehr interessante Folgeaufträge ein.
Und dass ich beim Twinningprojekt rausgeflogen war, erwies sich übrigens im Nachgang als sehr segensreich: es dauerte noch Monate bis es anfing und dann soll die Zusammenarbeit mit der türkischen Seite ausgesprochen anstrengend gewesen sein. Puhh – noch mal Glück gehabt!