Volkstrauertag

Seit 1952 stehen die Verfassungsorgane mit leichenbitter Miene an den Gräbern der Soldaten der Kriege – aber neuerdings auch von Gewaltherrschaft. Nur auf den Dörfern wird nach wie vor den Weltkriegstoten gedacht. Die kennt man schließlich alle und es sind viele Söhne der Dörfer, die als Kanonenfutter in den Tod geschickt wurden. Man nahm übrigens besonders gern die jungen Männer vom Land, weil die es gewohnt waren, zu gehorchen: dem Vater, dem Schulmeister und nicht zu vergessen der Kirche!
Viele hätten sich sicher auch gern geweigert, in den Tod zu gehen. Aber diese Alternative gab es nicht!
In unserem Dorf ist das Ehrenmal noch wie aus dem 3.Reich: aus Granit mit Stahlhelm auf einem gesichtslosen Kopf und Eisernem Kreuz – fehlt nur das Hakenkreuz. Aber das hat wohl irgendjemand mal entfernt.

 

Grenzschutz

In großen Lettern ruft die Bildzeitung heute – wen auch immer – auf, die Grenzen der EU zu schützen – vor wem auch immer. Vor den 1000 MigrantInnen, die gerade in Kälte und Nässe zwischen den Stacheldrahtrollen versuchen, nicht zu sterben?
Vielleicht lese ich immer zu viel Literatur, die in den 30er Jahren spielt, aber es ist ein dejà vu: Nato-S-Draht und martialisch aussehende, brutale GrenzsoldatInnen gegen Flüchtlinge, gegen Kinder und ihre Eltern, die bis vor Kurzem noch normale mittelständische Menschen waren. Nun völlig verdreckt ohne Schutz dem Wetter ausgesetzt, sehen sie aus wie diejenigen, die wir nicht in unseren warmen Stuben haben wollen. 9 Menschen haben diese Verhältnisse inzwischen nicht überlebt und es werden noch mehr.
Königstochter, Jüngste, mach mir auf! quakt der glibschige Frosch. Dem wurde schon im Märchen nicht aufgemacht. Bzw. als ihm aufgemacht wurde, flog er gegen die Wand: so wie im Märchen, sitzen jetzt auch Prinzessinnen und Prinzen zwischen allen Stühlen im osteuropäischen Wald. Was vergeben wir uns eigentlich, wenn wir mal „christlich“ handeln und ihnen aufmachen – wir Christen?  Aber das hat ja schon mit den Kindern von Moria nicht wirklich funktioniert. Da wurden einige nach Deutschland geflogen und aus war es für den Rest des Kontingents.
Selbst der Brief der 4 Literaturnobelpreisträgerinnen verhallte ohne irgendein Echo. Noch nicht einmal die Kultursendungen beschäftigten sich damit, obwohl dort gerne und viele Tränen für die Menschen in Belarus vergossen werden.
Die haben allerdings den unschlagbaren Vorteil, dass sie eingesperrt sind und nicht irgendwann an der EU-Grenze auftauchen können – Ausnahme Frau Tichanowskja – standing ovation im Bundestag heute – so lange es nichts kostet – immer gern!
Das Problem ist in der Tat nicht Polen, sondern die EU als Ganzes, die die Bilder nicht sehen will, die sie selbst erzeugt, die das Elend nicht will, das sie selbst erzeugt!
Na dann, schöne Weihnachten – aber das ging ja letztes Jahr auch schon ganz gut trotz des Elends.

 

Bundestag

Wie die Frauen heute ausgesehen haben und was sie anhatten zur Eröffnung der 21. Bundestagslegislatur, weiß ich nicht.
Ich weiß nur, dass vor 11 Jahren viele im Röckchen mit Highheels gekommen waren.
Am 27. Oktober 2009 hatte ich am Rande der konstituierenden Sitzung des 17. Bundestags eine Verabredung im Kasino des Reichtags. Es war gut besucht an diesem Tag, die Leute waren gutgelaunt. Alle hatten sich „schick“ gemacht. Auch „meine“ Bayerische Bundestagsabgeordnete mit der ich einiges in Sachen reproduktive Gesundheit zu besprechen hatte. Etwas abgelenkt wurde ich durch die Kleiderordnung der Damen. Mir war noch nie so deutlich aufgefallen, dass die durchschnittliche weibliche Abgeordnete Kleidergröße 34 trug. Klein und zierlich – das waren wohl die Kriterien, nach denen die Politikerinnen ausgesucht worden waren. Die gestandene Frauensperson war nicht gefragt. Darüber hinaus waren sie alle im Röckchen gekommen – im Minirock. So als hätte es den Kampf um die Hose der Mandatsträgerinnen nicht gegeben. Auf der Homepage des wdr fand ich folgenden Text:

15. April 2020: Vor 40 Jahren: Erster Auftritt einer Frau mit Hosen im Bundestag:
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