Tag der Märzrevolution

Zwischen Himmelfahrt und Pfingsten, zwei der „hohen“ christlichen Feiertage, ist im letzten Jahr der überaus umstrittene Nachbau des goldenen Kreuzes auf die Kuppel des Berliner Schlosses gehoben worden. Zugleich wurde bekannt, dass auch die Inschrift unterhalb des Kuppelrandes detailliert wiederhergestellt wurde. Sie ist eine persönliche Schöpfung König Friedrich Wilhelm IV., der hier Stellen aus der Apostelgeschichte und dem Brief an die Philipper zusammengezogen hat: „Es ist kein anderer Heil, es ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn der Name Jesu, zu Ehren des Vaters, dass im Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.“
Aus welchen Gründen auch immer ist im Vorfeld nie über die Bedeutung dieser Inschrift diskutiert worden. Sie ist einfach mal rekonstruiert worden. Den Auftrag dazu will heute keiner mehr gegeben haben. Denn das Kreuz ist nicht irgendein Kreuz und die Inschrift ist nicht irgendein Zitat aus der Bibel, sondern mit viel Bedacht ausgewählt worden: Es steht für die Siegesfeier der Hohenzollern über die Menschen, die sich im März 1848 für Freiheit und Demokratie eingesetzt haben. Viele überlebten dank der Gewehre der Hohenzollern ihr Engagement nicht.
Entstanden sind Inschrift und Kreuz zusammen mit der Kuppel, unter der sich einst die Schlosskapelle befand, zur Feier des Sieges der Hohenzollernmonarchie über die Revolution von 1848. Den BürgerInnen damals wurde u.a. vorgeworfen, antichristlich zu sein. Das ist verständlich, denn wer was gegen den „Gottesgnaden-König“ hat, hat den tieferen Sinn des Christentums nicht begriffen. Das denken die Hohenzollern heute noch! Die Republik baut also ein Triumphzeichen der Monarchie nach. Das Triumphzeichen ihrer eigenen Niederlage.
Nun schließt sich der Bundespräsident einer Bürgervereinigung an, die die Bedeutung der Märzrevolution mehr ins Bewusstsein rücken will und den 18. März zum Feiertag erheben will. U.a. wurden im März 1848 die Farben der heutigen deutschen Nationalflagge „erfunden“: schwarz, rot, gold. Inzwischen sind diese Farben durchaus umstritten. In der NaziZeit hieß es schon: schwarz-rot-Dreck! Und Flügel-Männer der AFD laufen gerne im Retro Look mit der alten Kaiserlichen Fahne rum in schwarz -weiß- rot. Der „Muff von Tausend Jahren“ lässt grüßen!

Equal Pay Day

Vom diesjährigen Equal Pay Day bin ich tatsächlich überrascht worden: am 10. März war er nämlich schon. Im vergangenen Jahr war er erst am 17. März. Seit dem Mindestlohn arbeitet sich der EPD Tag für Tag nach vorne. Als ich meinen letzten Beitrag über dieses Thema machte, lag er am 19. März. Und sonst immer rund um den 26.3.! Und nun am 10. März. Der beste Film zu diesem Thema ist nach wie vor: „We want sex“ – der Kampf der Näherinnen  in einer Fabrik von Ford in der Nähe von London. Dort wird klar gemacht, wer alles von der mickrigen Bezahlung der Frauen profitiert: in erster Linie die Unternehmer, aber auch die männlichen Arbeiter haben was davon. ER  bringt auf diese Weise das meiste Geld nach Hause, also hat er auch zu bestimmen. Sie bleibt Zuverdienerin, weil sie schließlich noch dafür sorgen muss, dass ER  gesund und arbeitsfähig bleibt. Und damit die kleinen „Kraftwerke“ (die Frauen) bei den Männer n bleiben, haben sie schon immer weniger Lohn für die gleiche Arbeit bekommen. Nur die Begründungen wechselten mit dem Zeitgeist.
Auch in den ÖRR war das nicht anders. Erst wurde es abgestritten, aber bei näherem Hinsehen tat sich – oh Wunder – die Lücke von 7 % auf, die freie Redakteurinnen weniger an Honorar bekamen als die Männer.

Diese rote Tasche zum EPD, in der Agathe nach ihrem Dummy sucht, hat mir schon viel Freude bereitet. Ich hab u.a. a. immer unser Badmintonnetz drin und einer der männlichen Mitspieler meinte tatsächlich „mit sowas würde er nicht losgehen….“ Da wundert es doch niemanden, dass die Lohnlücke sich so zäh hält.

Mein eigener Fall war so bilderbuchmäßig, dass ich die Geschichte immer gerne erzähle: Männliche Autoren bekamen ohne große Diskussion ein Honorar für die Regie, ich dagegen nicht. Bei mir wurde gesagt, man hätte dafür kein Geld usw. usf. Als ich dann eines Tages gefragt wurde, ob ich einen längeren Beitrag über Equal Pay im öffentlichen Dienst machen wollte, lehnte ich den Auftrag ab mit der Begründung: ich sei selbst betroffen und könnte nicht für die gebotene journalistische Distanz garantieren. Meine Auftraggeberinnen waren einerseits beleidigt und andererseits haben sie dann aber doch beschlossen, dass sich hier was ändern muss – wenigstens solange ich noch da bin. Heute ist die Sendereihe längst weggespart worden und das Kulturradio des rbb nur noch online empfangbar. Und wenn es überhaupt noch Beitragshonorare gibt, dann sind die natürlich für den Ausspielweg „online“ niedriger als früher als wir noch „on air“ waren!

8.März

der 8. März ist Anlass mal wieder auf die miesen zustände in Sachen Selbstbestimmungsrecht der Frauen hinzuweisen.

Aufruf des Flensburger Frauenforums zum Internationalen Frauentag:
In Flensburg werden zwei religiös geführte Kliniken zusammengelegt mit dem Ergebnis, dass im neuen Malteser-Diako-Klinikum keine
Schwangerschaftsabbrüche aufgrund sozialer Indikation mehr durchgeführt werden sollen, weil es der
katholische Orden Malteser verweigert.
Das ist nicht nur ein „Flensburger Problem“ – der Rückgang der öffentlichen Einrichtungen, die
Schwangerschaftsabbrüche anbieten, betrifft die ganze Bundesrepublik. Die Versorgungslage betroffener Frauen wird ebenso dramatisch schlechter wie die Ausbildungssituation für angehende Ärztinnen und Ärzte.
Grundlage für die nur kurz geschilderten Mängel sind die Paragraphen 218 und 219a des Strafgesetzbuches, wobei der erstgenannte inzwischen seinen 150. Geburtstag „feiert“.
Diese 150 Jahre zeigen: Es muss endlich etwas geschehen – aber es darf dabei nicht wieder zu einem „faulen Kompromiss“ kommen.
Schwangerschaftsabbrüche raus aus dem Strafgesetzbuch!!
Für das Selbstbestimmungsrecht der Frau! Abschaffung der §§ 218 und 219!
Dass der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn einer der größten Bremser ist, ist ja lange bekannt. Ein Frauenfeind schwingt sich auf, Frauen wichtige Informationen vorzuenthalten! Dass er mit Informationen Schwierigkeiten hat, sieht man auch an den Klagen gegen Zeitungen, die es wagen den mehrere-(4)millionenschweren Kaufpreis für seine Berliner Villa zu veröffentlichen. Er hat – als Freund der Autokratie – natürlich noch mehr auf dem Kerbholz: „per odre de mufti“ hat er ganz einfach höchstrichterliche Urteile auf Abstellgleis geschoben: nämlich das Urteil des BGH zur Sterbehilfe. Er findet das Urteil doof und deshalb hat er als Duodezfürst seine Untergebenen angewiesen alle Anträge abzulehnen – ohne Begründung.

Feiertagsfeminismus

Früher habe ich den Feiertagsfeminismus auch abgelehnt – wie Alice Schwarzer es heute noch tut. Aber inzwischen habe ich ihn schätzen gelernt. In den Tagen rings um den 8.März ist doch echt was los. Es scheint kurz auf, wie es eigentlich sein könnte – das Leben. Zu keiner Zeit des Jahres gucke ich so viel fern wie um den 8.März herum. 3SAT macht ein Superprogramm: die Programmplanung holt alles aus dem Archiv, was je mit dem Stichwort „Frau“ markiert worden ist.
Selbst die „heute-show“ darf aus Frauensicht kritisiert werden. Dass es zwei Frauen in einer Führungsposition gibt, ist ja schon Anlass genug zur Häme, aber wenn man dann noch gleich die Russen da mitreinmengen kann, umso besser und als Sahnehäubchen verwandelt man die Führungsfrauen wieder in das, was mann am liebsten hat: Frauen in der Assistenzrolle. Das Männerleben kann so schön sein – nur rund um den 8.März müssen die Würstchenträger stark sein. Denn auch die Redenschreiber der Kanzlerin haben den Feiertagsfeminismus entdeckt und legen der Regierungschefin ein paar wohlfeile Worte in den Mund. Wie das wohl im nächsten Jahr bei Armin Laschet klingen mag. Dass Söder Kreide jeglicher Couleur fressen kann, hat es oft genug bewiesen. Als alte „quer“Guckerin bin ich da ja einiges gewohnt.